Der Wirt

Der wirt betritt das studierzimmer, sieht sich nervös um. Wird ruhig, nachdem er sich allein weiß, vollführt wortlos schattenspiele mit seinen händen. Er lacht, verlässt das zimmer. Im schatten der bäume hockt jetzt der wirt, eine hand als blendschutz über den augen. Er sucht den see ab. Draußen treibt ein boot mit gästen. lLaut vor sich hin grübelnd, sagt er: die sonne ist mir auf den kopf gefallen, mein hirn ist eingebrochen, & die gäste, die dort treiben, umflirren mich wie graue fledermäuse, umsummen mich, umnebeln bei hellstem lichte meine gedanken. Er verlässt den see. Im saal tanzt die festtagsgesellschaft, ausnahmslos. Der wirt tritt ein, puterrot im gesicht, überfordert. & mit tränen im auge bittet er um einen tanz mit einer schönen. wirt & schöne umwirbeln einander im tanz. Im schwung des tanzes trocknen des wirts tränen. Eine schöne frau in seinen armen, endlich. Ihr blick spricht zu ihm von wildem begehren, ihre stummen lippen wölben sich und lächeln stilles gewähren. Die übrigen anwesenden bilden einen kreis um das rotierende paar, wiegen ihre köpfe zum takt der musik und rufen: vergiss nicht, wirt, der lust ausgeliefert, … du bist der stein, die wüste, bist der tod! Der tanz ist aus, sein tanz ist aus. Der wirt weiß beim blick in die runde: alles ist falsch. Seine tanzpartnerin steht neben ihm, ihre brust hebt & senkt sich. In ihr klingt die tanzmusik noch nach. Mit regem atem, die umstehenden haben sich im saal zerstreut, wendet sich die schöne dem wirt zu: war ich eben nicht sehr schön? Der zeigefinger des wirts kreuzt ihr lippen, ohne sie zu berühren. sein mund an ihrem ohr: wenn sie mir zuhören, ganz schweigsam, dann will ich alles, was sie zu wissen wünschen, ohne umstände berichten. Hören sie, sagt der wirt, seine lippen noch an ihrem ohr, wie die gäste hier schreien, wie sie schwatzen und schrillen, fast wie meeresbrandung, immer verwirrter und lauter je später der abend, so als wollten sie die erde erschüttern. Dabei haben sie alle bei mir im voraus bezahlt. Der wirt schweigt, blickt der schönen in die augen, traurig. Der wirt verlässt den saal, ohne auf das rufen der schönen zu achten. Der schönen stürzen tränenbäche aus ihren augen, die festtagsgesellschaft jault wie von tollwut ergriffen. Die Decke des saals kracht, die figuren gleiten von den wänden herab. Der wirt betritt wieder das studierzimmer, blickt zur kamera hin, tritt zu ihr hin, spricht zu ihr: ich weiß, ich bin schon lange nicht mehr bei ihnen gewesen. Sicherlich haben sie schon auf mich gewartet. Ich weiß, Es ist höchste zeit. Die sonne sinkt. Ich kündige den pachtvertrag.

L & M

Luise und Mortimer gegenüber am küchentisch. Sie weint still und trocken, im innern schon wund. Längst hat sie die flucht des geliebten bemerkt. Jetzt jedoch kann sie einer unsinnigen verzweiflung nicht mehr widerstehen. Ihr kopf sinkt auf die tischplatte. Mortimer legt eine hand auf Luises kopf, sanft, spricht leis ins dunkel: es ist ganz klar. Wir sind beide nicht das, was wir geliebt haben. Wenn du das bist, was du sagst und nicht mehr, so habe ich mich umsonst gequält, dich so zu lieben wie du mich. Luise hebt leicht den kopf, zieht Mortimers hand von ihrem kopf zurück auf die tischplatte. Steht mit einem ruck auf, der stuhl in ihrem rücken stürzt mit krachen zu boden. Mortimer zuckt zusammen, seine hände an der tischplatte verklammert. Luise gestikuliert, brüllt ihn an: du trottel, du anmaßender, mitleidiger idiot, was hast du nur gemacht, mit deiner hände arbeit hast du mich verhunzt, mir meine schönsten zukünfte verhaun. Weißt du das? Was nimmst du dir heraus! Mortimer wechselt gesichtsfarbe und gesichtsausdruck, die hände jetzt geballt. Mortimer hat mühe sich zu beherrschen, holt mehrmals tief luft. Luise bleibt neben ihm stehen, fragt ihn, ruhiger als vorher: Nur eine ehrliche antwort auf drei fragen: wie denkst du dir den himmel? Wie weit reicht dein mut, deinem denken zu folgen? & wie schreibst du deine bücher? Mortimer winkt ab, presst seinen rücken an die stuhllehne, blickt zu ihr hoch. An ihrer stirn angekommen, spricht er eindringlich: ehrliche antworten langweilen mich und dich ebenso, weil sie auf übereinstimmung hinauslaufen. Was für uns zählt, jetzt mehr denn je, ist schwanken und zersplitterung. Luise lacht auf, stößt Mortimer vom stuhl. Beugt sich zu ihm hinunter, schlägt ihn ins gesicht, schreit: mich ekelt dein geschwätz, du ekelst mich an. Du schleifst meine liebe nicht mehr mit deiner mutlosigkeit. Mortimer richtet sich auf, steht auf, drängt sich an luise vorbei. Er holt ein küchenmesser aus der schublade, richtet die spitze auf Luise, droht: bald wirst du dein näschen nicht mehr so hoch tragen, stattdessen über deine erhabenheitssucht erschrecken wie vor einem gespenst. Dann wirst du winseln, weil du erkennst, dass alles falsch ist. Rede du nur, Luise fixiert beim sprechen die messerspitze, ich bin alt genug, um alles gleich wieder zu vergessen. & angst habe ich nicht vor dir, du überfroher held, der keine nöte kennt und nur das zum schein und zur schönheit verstellte leben als real nimmt. Dein denken ist reine fiktion. Worauf wartest du noch? Mortimer geht, das messer noch immer in der hand. Als er das haus verlassen will, stellt sich ihm der wirt in den weg. Er sieht das blutverschmierte messer in Mortimers hand. Noch ehe Mortimer etwas sagen kann, entwindet ihm der wirt das messer. Eine sekunde des zögerns, dann sticht der wirt auf mortimer ein. Einmal, zweimal, dreimal, dann lässt er das messer zu boden fallen, spricht in richtung der kamera: der gesamtcharakter der welt ist chaos, nicht im sinne der fehlenden notwendigkeit, sondern der fehlenden ordnung.